Schreiben

Der nächste Schritt

Warum ich schreibe, kann ich nicht so genau erklären. Es ist wie ein Art Sog, es zieht mich zum Schreiben.

Ich hatte immer viel gelesen – die neue Welten, die ich dabei entdecken konnte, die Gefühle, die ich dabei empfunden habe, faszinieren mich. Mit dem Schreiben angefangen hatte ich mit einem Tagebuch. Es gab dann weitere kleine Schritte, die mich zum Schreiben gezogen haben. Eine sehr intensive Brieffreundschaft hatte eine Zeit lang mein Tagebuch ersetzt. Im Rahmen einer Lebenskrise war mir dann klar geworden, dass ich den Kontakt zu meinen Gefühlen ganz verloren hatte. Aus dieser Erkenntnis ergaben sich viele Änderungen in verschiedenen Bereichen meines Lebens. Der Vorschlag eines Freundes mal zu schreiben und dabei den inneren Zensor auszuschalten, einfach alle Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, ohne zu überlegen – egal ob richtig oder schön – aufzuschreiben, war einer unter vielen, aber einer, der mich sofort ansprach und so ließ ich mich auf das Abenteuer des freien Schreibens ein. Dabei flossen Wörter und Themen aufs Papier, die ich mir vorher nie eingestanden hätte. Das freie Schreiben hat mir auf dem Weg zu mir selbst geholfen und mich wieder in Kontakt mit meinen Gefühlen treten lassen. 

Seitdem nehme ich auch bewusster all die Ideen, die bei mir im Kopf ständig entstehen, wahr. Ich habe ganz viele Notizen in verschiedensten Heften als Tagebücher, als Reisenotizen, als Schreibübungsblöcke. 

Entsprechend mischen sich die Themen aus alltäglichen Begebenheiten, Gedanken und Gefühlen. 

Reisen nehmen dabei seit langem einen besonderen Stellenwert ein. Ob es die ungewöhnliche Umgebung ist, die neue Reize gibt, oder einfach der Müßiggang, der mit dem Reisen in der Regel einhergeht und damit das Aufschreiben der sowieso ständig schwirrenden Gedanken ermöglicht, kann ich nicht sagen. Mein Album mit Fotos von verschiedenen Reisen aus meiner Jugend enthält zwischen den 30 Jahre alten Fotos auch Texte aus jener Zeit. Sie sind eine Mischung aus recherchierten Informationen zu den Ausflugzielen und persönlichen Erfahrungen vor Ort.

Mit den Jahren habe ich auch verschiedenes Schreibgerät und verschiedenes Papier ausprobiert. Ich weiß jetzt, dass ich beim kreativen Schreiben am liebsten auf Blankoblättern schreibe. Linierte oder gar karierte Blätter geben zu viel vor. Das ist störend, da können die Gedanken nicht frei fließen, da scheint es, als müsste jedes Wort an der richtigen Stelle stehen. Das hatte regelmäßig für Schreibblockaden gesorgt. Solche Blöcke besitze ich nicht mehr.

Am liebsten schreibe ich mit meinem Füller, ein Kuli, der mal schreibt, mal nicht, geht gar nicht – wenn ich schreibe, dann muss es fließen. Mit dem Bleistift zu schreiben, ist wie flüstern. Die Worte kommen sehr unsicher raus, immer bereit, ausradiert zu werden. 

Das Format der Blätter ist auch wichtig. Die Blätter dürfen nicht zu klein sein – sie müssen genug Platz haben, um einen Gedanken nicht auf mehrere Seiten zerpflücken zu müssen. 

Das letzte Tagebuch musste quadratisch sein. A5 oder A4 erinnern mich zu sehr an die Arbeit. Konzepte, Projektanträge und Projektberichte – Arbeit am Text, der ein Ziel und eine Vorgabe hat, ist mir nicht fremd. Die Struktur ist klar, die gewünschte Wirkung des Textes, das Vokabular sowie die Leserschaft sind genau definiert. 

Das kreative Schreiben ist so anders als die Texte in der Arbeit. Es mangelt mir hier, wie bereits geschrieben, nicht an Ideen und Wörtern. 

Wenn ich versuche, die Geschichten, die mir einfallen, schriftlich einzufangen, zerfallen sie. Das Geschriebene ist sehr wild, chaotisch, für Außenstehende – auch für mich selbst nach einiger Zeit – nicht nachvollziehbar. Manchmal wirkt eine scheinbar tolle Idee total banal, sobald sie aufgeschrieben ist. 

So sind die Blätter schnell gefüllt, aber diese zu einer Reife zu bringen und damit für andere lesenswert zu machen – daran scheitere ich im Moment. Es fehlt natürlich auch noch an Disziplin, mich regelmäßig daranzusetzen. Das mag zum Teil daran liegen, dass ich keine Idee habe, was ich mit einem kreativen Text, den ich einmal aufgeschrieben habe, machen soll. Wie arbeite ich daran weiter? Worauf soll ich achten? Was sind die Aspekte, auf die ich mein Augenmerk legen soll? Tatsächlich habe ich kaum einen meiner Texte überarbeitet, weil ich einfach nicht weiß, wie das geht. Das ist sehr seltsam, denn bei den Texten in der Arbeit kann ich mehrere Schleifen drehen. Mit Menschen über die Ideen reden, die Texte zeigen und mit dem Feedback weiterarbeiten. Meine anderen Texte halte ich größtenteils unter Verschluss. Sie sind so unperfekt, ich weiß nicht, wem ich sie zeigen könnte und nach was ich fragen sollte. 

Nun hat mich der nächste größere Schritt – durch den Sog des Schreibens ausgelöst – zur Schreibschule gebracht. Ich möchte lernen, an einem Text zu arbeiten, ihn zur Reife zu bringen, so dass die Gedanken und Gefühle, die ich zu Papier bringe, auch bei den Menschen ankommen, die meine Texte lesen.