Zeitlose Wahrheiten

In einem ungewöhnlichen Buchladen bin ich auf ein Buch aufmerksam geworden, das ich mit Vorsatz nicht gefunden hätte. „Die Kunst ohne Sorgen zu leben“ aus dem Insel Verlag enthält kurze – bislang wohl noch unveröffentlichte – Texte von Stefan Zweig, in denen es um Erlebnisse geht, die seine Sicht auf die wichtigen Dinge des Lebens oder auf die Wichtigkeit der Dinge im Leben, veränderten.

Inspirierende Texte, die schnell gelesen sind, aber jeder einzelne Zeit zum Nachklingen braucht. Kann ich so sorgenlos leben, wie Anton aus der Buchtitel gebenden Geschichte, habe ich immer Mut, einen Menschen in seiner Not mit der Zuwendung – einem Gespräch – zu unterstützen? Diese und einige Gedanken mehr haben die 1940 – 1942 verfassten Texte in mir angestoßen.

Besonders bedenklich finde ich, die Erkenntnis aus den Zeiten des zweiten Weltkriegs heute aus eigener Erfahrung, aus eigenem Empfinden nachvollziehen zu können:

„Mitten im Außerordentlichen geht das tägliche unbekümmert weiter […] Wenn wir also scheinbar am Ende des ersten Kriegsjahres nicht mehr genug Anteil zu nehmen scheinen, so ist das nicht darin begründet, dass wir unmenschlich sind, sondern im Gegenteil, dass wir eben nur Menschen sind, jeder bloß mit einem einzigen Herzen, einem einzigen kleinen engen Herzen, das nicht imstande ist, mehr als ein gewisses Maß des Unglücks in sich zu fassen. […] Und wenn ich mich selbst frage, woran ich am tiefsten leide in dieser Zeit, so ist es, dass ich bekennen muss, nicht mehr fähig zu sein, alles mitfühlen zu können in einer Zeit, die ein solches Unmaß und Übermaß des Leidens schafft, dass sie mit den Menschen auch die Kraft des Mitleidens für menschliches Leiden mordet.“