Paris im Januar

Paris ist auch im Januar schön. Der Eiffelturm war am ersten Tag nicht ganz zu sehen, der Nebel verdeckte die Spitze. Für die Eintritte in die Museen war es möglich, Tickets vorab online zu kaufen. Leer ist es hier auch im Januar nicht, trotzdem nicht so überlaufen, wie die letzten Male bei schönem Wetter.
Das Essen stärkt in richtigen Portionen und sorgt dafür, dass es einem gut geht. Allerdings wenn man zu viel, zu schnell oder durcheinander isst, dann ist es beschwerend, führt zum Unwohlsein. So geht es mir auch mit anderen Arten von „Input“. So erging es mir im Museum Centre Pompidou, ich musste den Besuch der Dauerausstellung wegen Unwohlsein abbrechen. Das Durcheinander, die schiere Menge und die Tatsache, dass nur wenige von den Werken nach meinem Geschmack waren, das alles hatte zur Übelkeit geführt.
Zum Glück hatte ich vorher gelesen, dass in diesem Gebäude eine öffentliche Bibliothek Besucher zu dieser Zeit empfängt. Die vielen langen, breiten grauen Tische hatten nur vereinzelt Plätze zwischen zumeist jungen lernenden Leuten frei. Nach zu viel Input musste erst mal einiges aus mir heraus. Also wählte ich einen Platz, holte mein Notizblock und ließ die Eindrücke aufs Papier fließen.
Leider klappte das nicht wie mit dem Essen. Das Beschreiben der schlecht verträglichen Werke, führt nur dazu, dass sie wieder vor dem inneren Auge auferstehen und manifestieren sich dadurch noch mehr, anstatt herauszufließen und mich in Ruhe zu lassen. Die Gefühle aufzuschreiben – das half bei der „Verdauung“ der Überflut von Bildern.
Jetzt weiß ich auch wieder, wieso ich dieses Museum so viele Jahre gemieden hatte. Die expressionistischen Werke von Otto Dix und ähnliche aus dieser Zeit sind unbestreitbar ausdrucksvoll, aber für mich schwer verdaulich. Und ein Museum voller Bilder, die – neben der zeitlichen Nähe – allein dadurch zusammen gehören, dass sie im Besitz des Museums sind, ist eine Mischung, die mir nicht gut getan hat.
Musée d’Orsay mag ich am liebsten von den großen Kunstmuseen in Paris. Die Bilder dort entsprechen am ehesten meinem Geschmack, die Betrachtung der Werke ist inspirierend und erhebend. Die offen verlaufenden Rohre im Centre Pompidou sind als Konzept interessant, jedoch mag ich die Leichtigkeit der Bauweise des Musée d’Orsay viel lieber. Der Besuch im Louvre war auch jedes Mal anstrengend, weniger wegen der Werke, eher durch die Massen, mit denen man die Gänge teilt.
Ein anderer starker Eindruck dieses Mal war der Besuch der frisch eröffneten Notre Dame de Paris. Sie hat mich auf eine neue Weise beeindruckt. Beim Betreten fällt sofort eine Rauchnote auf, die normalerweise nicht in ein Kirchengebäude gehört. Es ist nichts mehr vom Brand 2019 zu sehen, aber das Ereignis ist so frisch, dass man es noch riecht. Neben der beeindruckenden Architektur ist Notre Dame nun zu einem Zeichen geworden, dass man auch nach einem so undenkbaren Unglück aufstehen und weiter machen kann. Hinzu kommt die gestärkte Bedeutung: das Gebäude ist so wichtig, dass weder Kosten noch Mühe gescheut wurden, um es schnell wieder in Stand zu setzen und begehbar zu machen.
Ein geliebtes Gebäude ist schnell geheilt – das ist wohl Resilienz.